Erstellt am: 12.07.2019
Thede: „Die Arbeitswelt wird sich tiefgreifend verändern. Der Weiterbildung kommt deshalb eine zentrale Rolle zu“
REUTLINGEN/TÜBINGEN/BALINGEN – Die Metall- und Elektroindustrie in der Region Reutlingen/Tübingen/Balingen steht im Zuge der Digitalisierung und dem Wechsel zu neuen Antriebsformen wie der Elektromobilität vor großen Herausforderungen. „Das wird auch die Arbeitswelt tiefgreifend verändern“, sagte der Geschäftsführer der Bezirksgruppe Reutlingen des Arbeitgeberverbands Südwestmetall, Jan Vetter, am Donnerstag in Reutlingen: „Im Zuge der Transformation unserer Industrie werden sich viele Aufgabenbereiche stark verändern. Es werden Jobs wegbrechen, gleichzeitig werden neue entstehen. Die Weiterbildung bekommt in diesem Strukturwandel eine zentrale Bedeutung. Sie ist der Schlüssel zur Fachkräftesicherung und zur Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit jedes Einzelnen.“
Deshalb haben sich die Metallarbeitgeber und weitere Wirtschaftsverbände jüngst gemeinsam mit dem Bund, den Ländern, den Gewerkschaften und der Bundesagentur für Arbeit (BA) darauf verständigt, im Rahmen einer Nationalen Weiterbildungsstrategie ihre Anstrengungen für Weiterbildung und Qualifizierung zu bündeln. „Insbesondere sollen auch kleine und mittlere Unternehmen verstärkt unterstützt werden, die keine großen Personalabteilungen haben, um Weiterbildungskonzepte zu entwickeln“, sagte Reiner Thede, Vorstandsvorsitzender der Bezirksgruppe Reutlingen: „In Baden-Württemberg wurde dazu jüngst gemeinsam vom Wirtschaftsministerium, der Regionalagentur Baden-Württemberg der BA sowie von Südwestmetall und Südwesttextil das Pilotprojekt Qualifizierungsverbünde gestartet.“
Der Arbeitgebervertreter lobte in diesem Zusammenhang auch das neue Qualifizierungschancengesetz. Wenn bei Unternehmen Geschäftsmodelle wegbrechen und Produktionsprozesse umgestellt werden, kann die BA nun Weiterbildungsmaßnahmen von Beschäftigten bezuschussen, die durch die Qualifizierung weiterhin eine Perspektive im Unternehmen haben.
Kritischer sieht Vetter den Vorschlag der Gewerkschaft IG Metall für ein sogenanntes Transformations-Kurzarbeitergeld. Beschäftigte sollen bei Wegbrechen von bisherigen Geschäftsmodellen oder Aufgabenbereichen im Betrieb weiterqualifiziert werden und in dieser Zeit von der BA bis zu 24 Monate ein Transformations-Kurzarbeitergeld erhalten. „Auch wenn überhaupt nicht klar ist, ob sie danach im Betrieb weiterbeschäftigt werden können. Hier besteht die Gefahr, dass mit einem hohen finanziellen Aufwand versucht wird, einen Status-quo in den Unternehmen zu erhalten, der an einer wettbewerbsfähigen Ausrichtung der Unternehmen vorbeigeht.“ In dieser Form sei der Gewerkschaftsvorschlag deshalb abzulehnen, befand der Bezirksgruppen-Geschäftsführer: „Stattdessen sollte man jetzt erst einmal Erfahrungen mit dem Qualifizierungschancengesetz sammeln und die bestehenden Kurzarbeitergeldregelungen auf etwaige Anpassungsnotwendigkeiten hin überprüfen.“