Metallarbeitgeber fordern Arbeitszeiten, die zum modernen Leben und zur modernen Arbeitswelt passen

Metallarbeitgeber fordern Arbeitszeiten, die zum modernen Leben und zur modernen Arbeitswelt passen

Erstellt am: 04.05.2023

Holder: „Es geht darum, Arbeitszeit flexibler verteilen zu können – und nicht darum, länger zu arbeiten“

REUTLINGEN – Das deutsche Arbeitszeitgesetz (ArbZG) ist aus Sicht der Metallarbeitgeber in der Region nicht mehr zeitgemäß. „Das Gesetz in seiner jetzigen Form bevormundet die Beschäftigten zu stark in der Frage, wie sie ihre Arbeitszeit verteilen können, und es engt auch die Betriebe unnötig ein“, sagte Martin Holder, Vorsitzender der Bezirksgruppe Reutlingen des Arbeitgeberverbands Südwestmetall, am Donnerstag in Reutlingen: „Das Gesetz gehört daher dringend reformiert und an die moderne Lebens- und Arbeitswelt angepasst. Das wünschen sich immer mehr Arbeitnehmer so, vor allem die jüngeren. Aber auch den Unternehmen würde dies helfen, ihre betrieblichen Abläufe besser zu organisieren.“

Insbesondere die tägliche Höchstarbeitszeit von zehn Stunden, die das deutsche Arbeitszeitrecht vorschreibt, hält auch Dr. Jan Vetter, Geschäftsführer der Bezirksgruppe Reutlingen für eine Überregulierung, die nicht mehr in die Zeit passt: „Es geht nicht darum, jeden Tag länger als zehn Stunden zu arbeiten. Aber Arbeitnehmer, die z.B. ein Projekt dringend abschließen oder einfach mal etwas länger arbeiten wollen, um am nächsten Tag einen halben oder gar ganzen Tag freinehmen zu können, sollten dies auch tun dürfen.“ Aber auch betriebliche Situationen machten es hin und wieder erforderlich, tageweise länger zu arbeiten: „In einem global agierenden Unternehmen etwa muss kurzfristig abends um acht ein Meeting mit den Kollegen in den USA angesetzt werden. Ein Mitarbeiter, der dann morgens um acht schon im Büro war, darf heute daran eigentlich nicht mehr teilnehmen. Das ist ziemlich aus der Zeit gefallen.“

Die Arbeitgeber schlagen daher vor, die tägliche Obergrenze ersatzlos aus dem Gesetz zu streichen. „Die EU-Arbeitszeitrichtlinie kennt ja auch nur eine Höchstgrenze für die wöchentliche Arbeitszeit – was in manchen anderen Ländern so genutzt wird. Der deutsche Gesetzgeber sollte diesen Spielraum ebenfalls nutzen“, fordert Holder. Die Gefahr, dass dadurch die Arbeitszeiten der Beschäftigten ausufern, sieht der Vorsitzende der Südwestmetall-Bezirksgruppe überhaupt nicht: „Die EU-Regelungen setzen klare Grenzen zum Schutz der Beschäftigten. Hinzu kommt, dass die allermeisten Arbeitnehmer in ihren Arbeits- und Tarifverträgen noch einmal deutlich kürzere Arbeitszeiten vereinbart haben. Daran ändert sich ja überhaupt nichts.“

Auch die generelle gesetzliche Pflicht einer täglichen ununterbrochenen Ruhezeit von elf Stunden hält Vetter für überholt und verdeutlicht dies anhand eines Beispiels: Eine junge Mutter oder ein junger Vater muss am frühen Nachmittag vorzeitig mit der Arbeit aufhören, um die Kinder aus der Kita abzuholen, weil diese früh schließt. Die anschließende Zeit bis in den Abend hinein wird mit der Familie oder auch mit Sport und Freizeit verbracht. Die noch ausstehende Arbeitszeit wird dann am späteren Abend, wenn die Kinder im Bett sind, nachgeholt. „Wer das Laptop dann um 22:30 Uhr zuklappt, darf strenggenommen erst wieder um 9:30 Uhr im Büro beginnen – viel zu spät, obwohl das ja von den Beschäftigten selbst so gewollt ist“, kritisiert Vetter: „Da brauchen wir dringend mehr Möglichkeiten, von diesen starren Ruhezeiten abzuweichen. Gerade vielen jungen Beschäftigten würde dies helfen, Beruf, Familie und Freizeit besser unter einen Hut zu bekommen.“ Aber auch ein abendliches berufliches Meeting von zuhause aus, nachdem man am Nachmittag früher Feierabend gemacht hat, werde dadurch ermöglicht.

Das Bundesarbeitsministerium hat gerade einen Entwurf vorgelegt, wie die Erfassung der Arbeitszeit im Arbeitszeitgesetz geregelt werden kann. Holder sieht daher jetzt die Chance für eine umfassendere Modernisierung: „Wenn man schon die Hand an das Gesetz legt, dann bitte doch gleich richtig.“ Die Vorschläge des Bundesarbeitsministers zur Arbeitszeiterfassung hält er dabei übrigens für zu eng gefasst: „Die Entscheidung, wie und wann die Arbeitszeit aufgezeichnet werden soll, kann man den Betrieben frei überlassen.“ Bei einer gesetzlichen Regelung gehe es immer darum, den Unternehmen praxisnahe, unbürokratische Lösungen zu ermöglichen. „Das heißt konkret auch, dass man etwas gar nicht regeln sollte, wenn es nicht zwingend sein muss. Da sehe ich noch Verbesserungsmöglichkeiten in dem Entwurf des Ministeriums“, sagt Holder.

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